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Von Bindungsangst sprechen wir, wenn Menschen Angst davor haben, eine tiefergehende, intime Beziehung einzugehen. Selbst nach einigen Dates hält Sie der neue Schwarm auf Abstand? Befinden Sie sich in einer Beziehung, aber je ernster es wird, desto mehr distanziert sich Ihr Partner? Meistens liegt der Grund in der Angst vor Nähe, vor Bindung oder vor Beziehungen generell. Dahinter steckt oft das Bedürfnis, die eigene Autonomie zu wahren. Oft ist es den Betroffenen selbst nicht klar, warum sie Probleme haben, richtige Beziehungen einzugehen. Dabei gibt es typische Anzeichen für eine Bindungsangst.
Josua Leibrich ist Psychologe und nebenberuflicher Autor. Als Einzel- und Paartherapeut arbeitet er mit verhaltens- und schematherapeutischen Methoden in Würzburg. Es ist ihm ein Privileg, Menschen zu einem positiven Selbstverständnis zu führen und gemeinsam innovative Wege zu einzuschlagen. Detaillierte Informationen finden Sie auf seiner Homepage.
7 Symptome von Bindungsangst
- Ständiger Wechsel zwischen Nähe und Distanz
Ein von Bindungsangst geprägter Mensch ist sehr wechselhaft in Sachen Nähe und Distanz. Gerade nach schönen und intimen Erlebnissen folgt häufig ein distanziertes und abweisendes Verhalten. Nach einem romantischen Date kann es gut sein, dass der Partner oder der neue Schwarm schon Ihre Wohnung verlassen hat, noch bevor Sie wach werden. In extremen Fällen zeigt sich die Bindungsangst beispielsweise, wenn die erste gemeinsame Wohnung geplant wird. Nicht selten beenden Menschen, die Angst vor Nähe und Bindung haben, kurz vor dem Zusammenziehen die Beziehung. - Beziehung auf Distanz
Es muss nicht zwangsläufig ein Wechselbad zwischen Nähe und Distanz auftreten. Nicht selten bauen bindungsängstliche Menschen von Beginn an eine Distanz zu dem Partner auf. Viel Arbeit, verschiedene Hobbys oder andere Termine sind dabei gute Ausreden, um der Nähe zu entgehen. Häufig stellt man ein solches Verhalten in längeren Partnerschaften oder Ehen fest. - Keine Kompromisse
Egal was man tut und wie sehr man sich anstrengen, der Partner meidet die Nähe und bleibt auf Distanz. Menschen mit Bindungsangst können sich selten auf Kompromisse einlassen. Auch wenn man regelrecht nach einer kleinen Kuscheleinheit betteln, die Anstrengungen sind vergeblich. Vor allem für den Partner, der sich mehr Zuneigung und Nähe wünscht, kann dieses Verhalten sehr niederschmetternd sein. - Die Schmetterlinge im Bauch lassen nach. Das anfängliche verliebt sein, geprägt von überwältigenden Gefühlen und einem Kribbeln im Bauch, verfliegt in der Regel nach einiger Zeit. Langsam flachen die anfänglichen Gefühle etwas ab und es entsteht mehr und mehr Vertrauen, Sicherheit und eine engere Verbundenheit. Doch bindungsängstliche Menschen bekommen nach der Anfangsphase schnell das Gefühl, den Partner weniger zu lieben. Gründe für das schwindende Gefühl von Liebe können die Angst vor Nähe oder die Panik vor Ablehnung sein.
- Der Druck vor Erwartungen. Ein weiterer Grund für die Distanz ist häufig die Schwierigkeit mit den Erwartungen des Partners klarzukommen. Der Druck ist schlichtweg zu groß, sodass Betroffene sich lieber zurückziehen und einen Schutzwall aufbauen. Persönlicher Freiraum in Form von getrennten Wohnungen oder unterschiedliche Hobbys sind meist die Konsequenz. Auch feste Termine und Verabredungen können den Druck erhöhen, sodass es immer wieder vorkommt, dass im letzten Moment abgesagt wird.
- Tote Hose im Bett
Nach den ersten, aufregenden sexuellen Erfahrungen mit dem neuen Partner, verlieren Menschen mit Bindungsangst schnell die Lust und das Interesse am Sex. Dabei verschwindet jedoch nicht generell die Lust auf ein Sexualleben. Oft finden betroffenen Personen andere Personen anziehend und Affären sind immer wieder das Ergebnis. - Je weiter weg, desto besser! Fernbeziehungen sind häufig ein beliebtes Mittel von Menschen mit Bindungsangst, um auf Distanz zu gehen. Anfänglich kann eine solche Beziehung gut funktionieren, spätestens, wenn der andere Teil jedoch eine gemeinsame Wohnung in Aussicht hat, entwickeln sich die Probleme.
Gründe für die Angst vor Beziehungen
Meistens liegen die Gründe für die Angst vor Nähe und Bindung in den frühen Jahren unseres Lebens. Glaubt man erstmal, dass man Liebe nur bekommt, wenn man sie sich verdient, entwickelt sich schnell die Furcht vor dem Versagen. Das Ergebnis ist ein Distanzverhalten, um Enttäuschungen von vornerein zu vermeiden. Das Eltern-Kind-Verhältnis prägt die spätere Fähigkeit, Bindungen einzugehen.
“Wer zum Beispiel bereits durch das Elternhaus ein toxisches Beziehungsmuster vorgelebt bekommen hat, könnte Bindungsängste entwickeln. So werden Denkweisen wie: “Besser einen aggressiven Vater als gar keinen” zu „Besser Ärger in der Beziehung als allein sein.“ ” – Josua Leibrich
Ein weiterer Grund ist häufig die Angst davor, die eigene Selbstständigkeit aufgrund einer neuen Beziehung aufgeben zu müssen. Laut Experten gehören fast 20 Prozent zu dieser Gruppe. Auch die Erfahrungen aus vorherigen Beziehungen und Partnerschaften beeinflussen das Verhalten in der Zukunft.
“Vor allem vorherige, missglückte Beziehungen können tiefe Narben hinterlassen.” – Josua Leibrich
Es gibt durchaus Unterschiede zwischen Männern und Frauen bezüglich der Bindungsangst. Das Resultat ist jedoch meist sehr ähnlich: Distanzverhalten und damit Nähe und Zuneigung weitestgehend vermeiden.
Bindungsangst beim Mann
Die häufigsten Gründe bei Männern sind die Angst davor, eingeengt oder verlassen zu werden. Die Verantwortung für zwei Personen und das Gefühl, das Singleleben in Freiheit zu verpassen. Das hindert sie oft an Bindungen. Hinzu kommt, dass viele Männer lieber verhalten in Sachen Liebe und Bindung sind. Sie wollen sich nicht voll und ganz einer Person hinzugeben, um dann erneut verletzt oder verlassen zu werden. Die Folge sind nicht selten Affären oder offene Beziehungen. Dabei erkennen die Männer selbst ihre Bindungsangst nicht, sondern stützen sich darauf, noch nicht die Richtige gefunden zu haben.
Bindungsangst bei der Frau
Ursachen für die Bindungsangst bei Frauen sind häufig die Selbstbestimmung und der Traum von einer perfekten Beziehung. Dabei sind die Erwartungen oft so groß, dass die Enttäuschungen bei fehlender Nähe und Intimität ebenfalls enorme Auswirkungen haben. Folglich sind solche Frauen extrem wählerisch, beenden Beziehungen überraschend kurzfristig und suchen sich vergebene Männer, mit denen eine normale, klassische Beziehung nicht realisierbar ist.
Bindungsangst überwinden – Tipps für Betroffene und Partner
Es ist keine Unmöglichkeit, seine Bindungsangst in den Griff zu bekommen. Grundvoraussatzung dafür ist jedoch, dass Betroffene die Angst identifizieren und Verantwortung für die Probleme übernehmen wollen.
Zuerst ist es wichtig zu klären, wie ausgeprägt die Angst vor Nähe und Intimität ist. Nicht jede Sekunde mit dem Partner zu verbringen und sich gegenseitig Freiräume zu gewähren, ist nicht gleich eine Bindungsangst. Lastet das distanzierte Verhältnis allerdings auf der Beziehung oder haben Sie starke Probleme sich näher auf neue Bekanntschaften einzulassen, können Sie in Erwägung ziehen, sich professionelle Hilfe zu suchen.
“Angst ist ein schlechter Ratgeber: Schau nicht auf all die möglichen Risiken, sondern schau welche Chancen vorliegen – denn darin liegen auch die Ressourcen für eine funktionierende Beziehung.” – Josua Leibrich
Natürlich ist es auch ohne Therapie möglich, die Ängste in den Griff zu bekommen. Hauptursache sind meistens mangelndes Selbstvertrauen oder ein geringes Selbstwertgefühl. Dabei kann der Partner ein unterstützender Faktor sein. Wichtig für den Partner ist dabei, nicht zu ungeduldig zu sein und Druck aufzubauen. Die Ängste schwinden nicht, indem man darüber diskutiert und die Nähe erzwingt. Versuchen Sie lieber positive Erlebnisse zu haben und Verständnis zu vermitteln. Bei größeren Problemen können Sie auch gemeinsam eine Therapie besuchen.
Fazit: Es ist nie zu spät
Wenn Sie erstmal erkannt haben, dass Sie oder Ihr Partner Probleme mit Bindungen haben, ist der erste große Schritt bereits getan. Die Erkenntnis und das Eingeständnis sind meistens die erste Hürde. Sind die Probleme erstmal identifiziert, können beide Seiten an einer Lösung arbeiten.
Für die Liebe ist es nie zu spät. Finden Sie Ihren Traumpartner auf single.infranken.de!
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